Die Mission klang eigentlich gar nicht so kompliziert: Am Freitag, den 03. März 2006 nach Heidelberg fahren, rocken, in Mannheim übernachten, rüber nach Trier, dort noch einmal rocken und schlafen, und sonntags dann nach Hause.
Ok, hier könnte dieser Tourbericht enden, denn damit hab ich eigentlich fast alles wichtige zusammengefasst. Aber es geht natürlich schon noch etwas detaillierter. ;)
Der Freitag begann für mich erstmal mit einigen letzten Vorbereitungen, wie beispielsweise dem Einräumen meiner Brotdose, welcher später noch eine wichtige Rolle zukommen sollte, und dem Freiräumen eines Parkplatzes für Birger und Sönke. Da wir am Vorabend nach dem Proben schon das Equipment in den Flur gestellt hatten, würde das Packen zwar nicht lange dauern, aber dennoch machte der vom Schnee geblendete Blick nach draußen das Warten zu einer scheinbar endlosen Angelegenheit.
Nachdem wir aus Reher herausgeschliddert waren, erledigten wir noch ein paar Kleinigkeiten in Schenefeld (z.B. Drumsticks besorgen) und kamen so etwa um 10 Uhr los. Die Autobahn sah gut aus, der Elbtunnel war frei, und hinter Hamburg herrschte sogar schon beinahe schönes Wetter mit Sonnenschein.
Irgendwann in diesem Abschnitt der Fahrt scherzten wir übrigens, dass in Heidelberg bestimmt inzwischen die Vogelgrippe ausgebrochen sei… und hörten ein paar Stunden später, dass dies genau in Mannheim geschehen war!
Ansonsten glaubten wir bald, doch schon nachmittags unser Ziel erreichen zu können. Doch kaum hatten wir die A7 verlassen, um den Rest der Strecke über die A5 hinter uns zu bringen, da fielen auch schon wieder die ersten Schneeflöckchen, und bald darauf steckten wir mitten drin in einem zähen und viel Zeit fressenden Schlechtwetterstau. Unsere Ankunftsprognosen verschoben sich bald drastisch nach hinten, unsere Laune nach unten. Dies wäre vielleicht der richtige Zeitpunkt für die Information gewesen, dass das Konzert erst um zehn bis halb elf beginnen sollte. Die entsprechende Mail hatte mich leider erst nach unserer Abfahrt erreicht. *g*
Da es aber plötzlich auf den letzten dreißig Kilometern doch wieder flutschte, kamen wir doch noch um sieben Uhr herum an und waren die ersten Musiker vor Ort.
Die Villa Nachttanz, ein in einem ehemaligen Wohnhaus untergebrachtes alternatives Veranstaltungsdingsda, liegt kaum mehr als einen Steinwurf von der Autobahn entfernt in einem Gewerbegebiet, d.h. von der Stadt Heidelberg bekamen wir rein gar nichts zu sehen.
Es gab einen kleinen kalten Keller für Livemusik, und im ersten Stock, für den Konservenbeschallung angesagt war, Sofaecken, Tanzfläche und die Bar. Ich glaube, es gibt wohl keinen Mucker, der die Disco/Live-Aufteilung bei Veranstaltungen besonders mag, denn Dosenlärm zieht so gut wie immer mehr Leute an.
Für uns, die wir nach The Walking Cities und den Junktones als letzte von drei Bands mitten in der Nacht loslegten, bedeutete das in punkto Publikum dann auch Qualität statt Quantität. Aber was soll’s - trotz winziger Bühne und mäßiger Anlage war es auf jeden Fall ein feiner Auftritt mit guter Spannungskurve im Set und ordentlicher musikalischer Performance. “Audio Ergo Sum” gab es wieder mal mit Metallica-Zwischenteil, ehe wir in “A Friend Of Mine…” wohl erstmals den Übergang in den Akkustikgitarrenteil live richtig hinbekommen haben. Dafür hatte ich genau an der Stelle einen totalen Textaussetzer, wo ich ein paar Stunden vorher bei einer albernen Unplugged-Version des Songs im Backstageraum vor Lachen rausgekommen war. Toll wie das menschliche Gehirn sich Fehler merkt… *g*
Angesichts der meteorologischen Umstände fanden wir den Abend insgesamt in Ordnung - das einzige wirklich Ärgerliche war, dass meine Hi-Hat beim Aufbauen von der Bühne gefallen ist, was die Lebenserwartung der Becken enorm verkürzt haben dürfte. Dabei gibt es wirklich noch genügend weitere Baustellen an meinem Drumkit. *grummel*
Der ganze Freitag auf einem Film:
Mitten in der Nacht schlidderten wir dann rüber nach Monnem - oder Mannheim wie der Nichteinheimische sagt -, wo wir sehr bequem übernachteten (heißt das überhaupt so, wenn man zwischen 4 und 5 schlafen geht?), gut frühstückten und uns ein wenig von der streikbedingt ziemlich zugemüllten Stadt ansahen.
Die Innenstadt kommt dort übrigens ohne richtige Straßennamen aus und ist stattdessen in Quadrate gegliedert. Da wir in Quadrat H7 übernachtet hatten, war es zu H5 nicht weit, und natürlich schauten wir uns als echte Vogelgrippetouristen auch N1 an. *g*
Nach einem Eis ging es dann am frühen Nachmittag wieder auf die Autobahn, auf der wir bei verhältnismäßig gutem Wetter zügig nach Trier gelangten, in dessen Umland es aber gar nicht gut aussah, so dass mit vielen Besuchern wohl nicht gerechnet werden konnte. Wir kamen sehr früh im Exhaus, einem ziemlich großen Jugend- und Veranstaltungszentrum, an, in dem es sogar zwei Livebühnen gibt, von denen die größere gerade von einem Hausangestellten für den Abend sauber gemacht wurde. Das Konzert sollte allerdings in dem kleineren Saal stattfinden, und vom Haus war später am Abend niemand mehr zu sehen, obwohl im ersten Stock im anderen Flügel sogar noch eine zweite Veranstaltung lief.
Wir machten einen kurzen Tourispaziergang in die Stadt, und als wir wiederkamen, erwartete uns auch schon der Veranstalter mit der Nachricht, dass die Band, die fast die gesamte Backline stellen sollte, bei München im Schnee feststeckte und nicht mehr kommen würde. Es schien zuerst, als sei niemand zu erreichen, um noch ein Schlagzeug zu bekommen, doch schließlich wurden doch ein paar Teile zusammengetrieben, die mit Hardware und Hängetoms von mir “kombiniert” wurden. “Kombiniert” kann man wirklich nur in Anführungszeichen sagen. Es mussten allerhand Teile getauscht und umgebaut werden, sogar unser Akustikgitarren-Spielständer und ein paar schwere Steine als Gegengewicht kamen zum Einsatz, und am Ende stand dort ein sehr eigenwilliges Gesamtkunstwerk, das für mich so ungewohnt zu bespielen war, dass ich später an mir noch gar nicht bekannten Teilen meiner Arme einen Muskelkater hatte.
Es ist schon komisch - eigentlich ist man gar nicht in der Band, die das Drumkit stellt, aber trotzdem bleiben im Proberaum nur zwei Ständer und zwei Trommeln zurück, und alle anderen Teile sind wieder zu Hause vollkommen anders als vorher eingestellt…
Naja, aber zurück nach Trier: Als ich dort bereits alles mir mögliche zum Drumkit beigesteuert hatte, war doch tatsächlich auch noch meine Brotbox gefragt! Weil vom Haus ja seltsamerweise niemand da war, brauchte man irgendwoher noch eine Kasse. Falls ihr also in der Region Trier mal einen nach Mettwurststulle riechenden Geldschein in die Hand bekommen solltet - vielleicht ist er ja am letzten Samstag dort gewesen. ;)
Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings eher gering, verirrten sich doch nur ein paar hartgesottene Fans des Headliners Die Pigs ins Exhaus, deren Ohren wir mit einer miesen PA, für die zudem kein Soundmensch zugegen war, herausfordern mussten. Immerhin konnten wir uns dank der Veranstaltung im anderen Hausflügel noch genügend Material erschnorren, um wenigstens zu dritt singen zu können, aber ein wirklich befreites Aufspielen war unter diesen Umständen nicht möglich.
So kämpften wir uns gegen Anlage, Material und einen für einen Livegig viel zu stinkigen Birger (der sich hinterher aber wenigstens gleich brav dafür geschämt hat, allerdings auch einen Teil der Schuld auf die Oettinger-Plörre abwälzte *g*) durch das Set und konnten die Anwesenden sogar einigermaßen für uns gewinnen.
Meiner Unsicherheit am Schlagzeug war es dann zu verdanken, dass “Universal Funk” spontan von der Setlist gestrichen wurde, und Birgers schon erwähnter Laune, dass wir den Opener, mit dem er nicht so zufrieden gewesen war, als Zugabe noch einmal wiederholten. Baaaaahhhh! Ein Lied nochmal spielen, als ob man keine anderen hätte… das geht ja gar nicht. *schäm* Aber was soll’s - wir haben uns das wohl mehr zu Herzen genommen als die Zuschauer, also ist eigentlich alles in Ordnung.
Ich merke schon, über schlechte Abende kann man immer mehr schreiben als über gute… Trier war halt sehr durchwachsen… Der Höhepunkt war eigentlich, als wir, während unten die Pigs spielten, einigermaßen mies gelaunt, schweigend und geschlaucht in unserem Schlafraum saßen, als es plötzlich auf einen Schlag im ganzen ersten Stock dunkel wurde. Und so blieb es auch, denn es war ja - wie bereits erwähnt - niemand vom Haus da, der gewusst hätte, wo der entsprechende Sicherungskasten zu finden sei.
Gute Nacht.
Samstag auf einem Film:
Der nächste Morgen begann für mich mit einer wegen arschkalter Sanitäranlagen äußerst knappen Katzenwäsche. Aber gut geschlafen hatte man immerhin, wenn auch nicht besonders lang, was aber eher mit unseren Gewohnheiten zu tun haben dürfte.
Schon recht früh hatten wir unsere Sachen gepackt, machten einen Tankabstecher über die deutsch-luxemburgische Grenze und fuhren bei zunächst gar nicht mal üblem Wetter heimwärts. Um nicht im Nachhinein sagen zu müssen, dass wir den Tag nur mit Autofahren verbracht haben, bauten wir aber noch einen etwas über zweistündigen Halt in Koblenz ein und stiegen bei Sonnenschein zum Mittagessen auf den Ehrenbreitstein, den mächtigen Burgfelsen der Stadt, hinauf. Auf dem Rückweg sahen wir einen gewaltigen Zug Wildgänse über die Stadt fliegen - wurden wir etwa vom bösebösen H5N1 verfolgt? ;)
Den Rest der Fahrt haben wir, wie man hoffentlich merkt,
ansteckungsfrei überstanden. Das schlechteste Wetter erwartete uns
überraschenderweise erst nördlich von Hamburg, wo die Nebelsuppe kurz
vor Ende der Fahrt so dicht war, dass wir noch kurz vorm Ortseingang von
Schenefeld tatsächlich glaubten, es gäbe dort einen kompletten
Stromausfall, weil wir nicht einmal die Araltankstelle sehen konnten.
Nicht erwähnt in diesem Bericht wurden u.a.: die saulustige
Urpunkband, die vor uns im Exhaus spielte, diverse Begebenheiten rund um
Körpergerüche und Stuhlgang, die Fantasien, in denen der Erlöser Xavier
N. in seine Stadt zurückkehrte, um den Unrat zu tilgen und allen Vögeln
die Hand aufzulegen, unsere Marius-Müller-Westernhagen-Gesänge auf dem
Weg nach Trier, warum es von beiden Auftritten keine Audio-Mitschnitte
gibt, und noch einige weitere Details eines ereignisreichen
Wochenendes.
Dank und Grüße an alle Musiker und sonstige nette Leute, mit denen
wir gequatscht haben, insbesondere an unsere Gastgeber Valentin, Jan und
Jork! :-)
Und nächstes Mal gibt’s gefälligst nur Freude und roten Sonnenschein! ;)
Rock,
Stephan
Setlist Heidelberg:
- 100 mi.
- Odyssey
- Woman Of Splendour
- Audio Ergo Sum
- A Friend Of Mine Just Killed Me
(And She Did It With A Smile)
Setlist Trier:
- Odyssey
- Sonne
- Audio Ergo Sum
- Woman Of Splendour
- 100 mi.
- Wiederholyssey
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